Magnesium – Biofaktor für Muskeln, Nerven und Knochen

Magnesium gehört zu den essentiellen Biofaktoren. Das bedeutet: Magnesium ist für den Organismus lebenswichtig, der Körper kann es aber nicht selbst herstellen. Wir müssen Magnesium daher täglich in ausreichender Menge von außen zuführen. Insbesondere junge Erwachsene und Senioren nehmen allerdings weniger als die von den D-A-CH-Fachgesellschaften, den Gesellschaften für Ernährung in Deutschland, Österreich und der Schweiz, empfohlene Tagesmenge über die Nahrung auf. Ernährungsstudien zufolge ist bei 10 bis 20 % der Bevölkerung von einem latentem Magnesiummangel auszugehen.1 Bei betroffenen Personen können Supplemente helfen, den notwendigen Bedarf des lebenswichtigen Biofaktors Magnesium zu decken.

Schätzwerte für die angemessene Zufuhr und Versorgungslage

Laut Empfehlungen der D-A-CH-Fachgesellschaften für Ernährung benötigen gesunde Personen folgende tägliche Zufuhrmengen des Biofaktors Magnesium:

Frauen

auch in Schwangerschaft und Stillzeit

300 mg/Tag

 

Männer350 mg/Tag

Für Kinder und Jugendliche empfehlen die D-A-CH-Fachgesellschaften eine Bandbreite von 24 mg/Tag für Säuglinge und 400 mg/Tag für männliche Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren.2  
Laut der Nationalen Verzehrsstudie II erreichen 26 % der Männer und 29 % der Frauen die empfohlene tägliche Magnesiumzufuhr nicht. Vor allem junge Erwachsene und ältere Personen sind in dieser Gruppe zu finden. Besonders auffallend ist der Anteil von 56 % in der Gruppe der 14-18-jährigen Frauen, die die empfohlene Magnesiumzufuhr nicht erreichen.3

Empfehlungen zur Magnesium-Supplementierung

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt eine Tageshöchstmenge von Magnesium über Nahrungsergänzungsmittel von maximal 250 mg, für eine gute Verträglichkeit aufgeteilt auf zwei oder mehr Einheiten.4 Bei einigen Erkrankungen, zum Beispiel Diabetes, Hypertonie, einem genetisch bedingten Mangel, der bei 0,1 bis 1 % der Bevölkerung vorkommt oder bei einem starken Magnesiummangel kann eine höhere Magnesiumzufuhr als von den D-A-CH-Fachgesellschaften empfohlen nötig sein. In solchen Fällen können zugelassene Arzneimittel den Magnesiummangel ausgleichen.
Die Gesellschaft für Magnesiumforschung hat zahlreiche klinische Studien zur oralen Magnesiumsupplementation in der Schwangerschaft bewertet und gibt die Empfehlung, dass jede Schwangere mit 240 – 480 mg (10 – 20 mmol) pro Tag supplementiert werden soll. Die Magnesiumsupplementierung sollte so früh wie möglich beginnen und bis zur Geburt und darüber hinaus fortgesetzt werden, da auch in der Stillzeit der Magnesiumbedarf erhöht ist.5

Diese Ursachen können zu einem Magnesiummangel führen

Ein Magnesiummangel kann zum einen durch eine ungenügende Zufuhr des Biofaktors über die Ernährung, etwa bei einseitiger Kost mit überwiegend industriell verarbeiteten Lebensmitteln, bei Diäten und Fastenkuren, bedingt sein. Bei Stress steigt der Magnesiumbedarf an. Leistungssport und starkes Schwitzen führen zu einer erhöhten Magnesiumausscheidung, Alkoholmissbrauch hemmt die Magnesiumaufnahme und erhöht die Ausscheidung über die Nieren. Zudem kann die Magnesiumresorption vermindert sein, zum Beispiel bei chronischen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Zöliakie oder Darmresektionen. Langanhaltende Durchfälle sowie die Einnahme von Laxantien (Abführmittel) erhöhen die Magnesiumausscheidung über den Darm. Diabetes mellitus sowie die Einnahme diverser Arzneimittel6 wie Kortikoide, orale Kontrazeptiva, Chemotherapeutika, Immunsuppressiva, Protonenpumpenhemmer, Digitalispräparate oder Diuretika können zu einer erhöhten Magnesiumausscheidung über die Nieren führen.

Physiologie – Magnesium ist ein Multitalent

Der Biofaktor Magnesium ist an mehr als 600 Enzymreaktionen beteiligt und übernimmt zahlreiche Aufgaben im menschlichen Körper:

Magnesium für die Muskelfunktion
Für eine gesunde Muskelfunktion agiert Magnesium als physiologischer Calcium-Antagonist und setzt die Kontraktion der glatten und quergestreiften Muskelzellen herab. Steht dem Körper genug Magnesium zur Verfügung, bremst es den Calciumeinstrom in die betroffenen Muskeln und fördert so die Muskelrelaxation. Skelettmuskulatur sowie die Muskulatur von Gefäßen und Gebärmutter profitieren von der „entspannenden“ Magnesiumwirkung. Insbesondere spielt der Biofaktor eine wichtige Rolle für die Leistung des Herzmuskels, er normalisiert die Herzfrequenz und schützt das Herzmuskelgewebe.

Magnesium für die neuromuskuläre Erregungsleitung
Der Biofaktor Magnesium ist beteiligt an der neuromuskulären Reizübertragung und dämpft die Erregbarkeit von Nervenzellen. Zudem unterstützt Magnesium einen ungestörten Ablauf der Erregungsleitung im Herzmuskel.

Magnesium für stabile Knochen
Rund 60 % des im Organismus enthaltenen Magnesiums sind in den Knochen eingelagert. Das entspricht einer Gesamtmenge von 20–25 g. Im Zusammenspiel mit Calcium und Vitamin D3 ist der Biofaktor Magnesium für gesunde und stabile Knochen unerlässlich.

Magnesium für Energiestoffwechsel und Proteinsynthese
Der Biofaktor aktiviert zahlreiche Enzyme des Energiestoffwechsels und agiert als Cofaktor bei der intrazellulären Energiegewinnung. Magnesium wird auch zur Speicherung und Freisetzung von Hormonen benötigt und ist am Eiweißaufbau beteiligt.

Welche Folgen hat ein Magnesiummangel?

Ein Magnesiummangel kann zahlreiche Beschwerden und Funktionsstörungen auslösen oder begünstigen. Im Vordergrund stehen:

Krämpfe und Verspannungen der Muskulatur
Da der Biofaktor Muskelkontraktionen herabsetzt, kann es durch einen Magnesiummangel zu Muskelverspannungen und –krämpfen kommen. Insbesondere sind nächtliche Wadenkrämpfe, Kribbeln in Händen und Füßen, Muskelschwäche und Zittern oder Lidzucken möglich. Studien belegen beispielsweise die Wirksamkeit einer Magnesium-Supplementation in der Behandlung von Wadenkrämpfen.7,8

Osteoporose
Bei einer Unterversorgung mit Magnesium ist das wichtigste Ziel des Körpers, den Magnesiumspiegel im Blut konstant zu halten. Daher setzt der Organismus Magnesium aus den Knochen frei, was sich langfristig negativ auf die Knochengesundheit auswirkt. Studien konnten zeigen, dass eine ausreichende Magnesiumzufuhr, auch durch Supplemente, vor osteoporotisch bedingten Frakturen schützt.9

Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen
Als natürlicher Calcium-Antagonist wirkt Magnesium gefäßerweiternd und blutdrucksenkend, es kann die Herzfrequenz normalisieren und das Herzmuskelgewebe schützen. Umgekehrt kann ein Magnesiummangel über gesteigerte Gefäßreaktivität und erhöhten Gefäßtonus einen Blutdruckanstieg verursachen. So ist auch durch wissenschaftliche Daten gut dokumentiert, dass ein Magnesiummangel eine mögliche Ursache für einen erhöhten Blutdruck (Hypertonie) ist.10 

Studien konnten ebenfalls beweisen, dass der Blutdruck von Patienten, die eine orale Magnesiumsupplementierung erhielten, im Vergleich zu unbehandelten Kontrollen signifikant gesenkt wurde.11,12 Eine blutdrucksenkende Wirkung ist ab etwa 300 mg Magnesium täglich über einen Zeitraum von einem Monat zu erwarten. Bei Patienten mit schwerem Magnesiummangelsyndrom kann im Einzelfall die Dosierung auch im Grammbereich liegen.

Es ist ebenfalls gut dokumentiert, dass ein Magnesiummangel eine Übererregbarkeit von Herzmuskelzellen und Herzrhythmusstörungen auslösen kann.13,14 Dies hat dazu geführt, dass Magnesium bzw. der Ausgleich eines Magnesiummangels in Vorbeugung und Behandlung von Herzrhythmusstörungen in die Leitlinien verschiedener Fachgesellschaften aufgenommen wurde.15 Je nach Schwere von Mangel und Symptomatik kann der Ausgleich durch eine parenterale oder orale Magnesiumsupplementierung erfolgen.

Diesbzüglich hat die Gesellschaft für Magnesium-Forschung e.V. basierend auf dem derzeitigen Kenntnisstand Diagnostik- und Therapieempfehlungen erarbeitet. Bei jedem Patienten mit Herzrhythmusstörungen (ICD: 147. – 149.9) sollte der Magnesiumstatus neben der Bestimmung von anderen Elektrolyten erfasst werden. Bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen sollte auf eine magnesiumreiche Kost geachtet werden. Bei Vorliegen eines Magnesiummangels aufgrund von erhöhten Magnesiumverlusten, zum Beispiel durch Diuretika, oder bei Resorptionsstörungen ist die alleine diätetische Zufuhr nicht ausreichend und eine zusätzliche Zufuhr von Magnesiumpräparaten (240 – 480 mg) notwendig.16

Erhöhtes Diabetes-Risiko
Magnesium ist auch am Glukose-Stoffwechsel beteiligt. So vermindert ein ausreichender Magnesium-Status das Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes. Das ist umso bedeutender, als Diabetiker aufgrund einer verminderten Aufnahme und erhöhten Ausscheidung über die Nieren häufig unter einem Magnesiummangel leiden. Ein solcher Magnesiummangel kann die Insulinresistenz und die Entwicklung eines Diabetes mellitus fördern.

In Studien konnte dokumentiert werden, dass eine hochdosierte orale Magnesium-Supplementation einen Mangel ausgleichen und zu einer verbesserten Insulinsensitivität und damit zu einer verbesserten Qualität der Diabeteseinstellung führen kann.17

Erschöpfung, Schlafstörungen, Nervosität
Magnesium verringert die Freisetzung von Stresshormonen. Ein Magnesiummangel kann daher die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress beeinträchtigen und eine körperliche und psychische Erschöpfung fördern. Durch einen Magnesiummangel kann es zudem zu Verwirrtheitszuständen, Schlaflosigkeit, Depressionen, Konzentrationsschwäche und Unruhe kommen.

Gastrointestinale Störungen
Ein Magnesiummangel kann zu Übelkeit, Erbrechen, Darmkrämpfen und Verstopfung führen.

 

Wie wird ein Magnesiummangel nachgewiesen?

Nur ca. 1 % des Körperbestandes an Magnesium befindet sich im Blut, rund 60 % sind in den Knochen eingelagert, ca. 39 % befinden sich in Muskeln und Organen. Bei reduzierter Magnesiumzufuhr setzt der Körper den Mineralstoff aus Knochen oder Muskelzellen frei, um den Magnesiumgehalt im Blut konstant zu halten. 

Diese Zusammenhänge erklären, warum die routinemäßige Messung des Serum-Magnesiums nur bedingt zuverlässig ist. Trotz Serumwerten im Normbereich kann in den Zellen ein Magnesiummangel vorliegen. Dennoch wird Magnesium nach wie vor routinemäßig im Serum gemessen; und Werte über 0,8 mmol/, besser 0,85 mmol/l werden angestrebt.18,19

Weitere Informationen zur Labordiagnostik von Magnesium finden Sie hier

 

Besteht bei Ihnen der Verdacht auf einen Magnesiummangel? Machen Sie den Biofaktoren-Check und finden Sie Ihr persönliches Risiko heraus.

In diesen Nahrungsmitteln ist Magnesium enthalten

Nur ein Drittel des Magnesiums, das wir unserem Körper mit der täglichen Nahrung zuführen, kann vom Darm aufgenommen werden. Wir müssen daher dreimal so viel Magnesium über die Nahrung zuführen, damit der Tagesbedarf gedeckt ist. Hülsenfrüchte und Nüsse gehören zu den besten Magnesiumlieferanten. Auch Vollkornprodukte, naturbelassener Reis, Geflügel und Fisch enthalten Magnesium. Magnesiumreiches Mineralwasser kann ebenfalls zur Magnesiumversorgung beitragen.
Hingegen ist der Magnesiumgehalt in Fertigprodukten und industriell verarbeiteten Lebensmitteln (z.B. poliertem Reis, Weißmehlprodukten) deutlich geringer. Zudem hemmen andere Inhaltsstoffe aus Nahrungsmitteln, vor allem Phytate, Oxalate oder Phosphate die Magnesiumaufnahme.

Kann Magnesium überdosiert werden?

Wegen der wasserbindenden Wirkung im Darm kann es bei hoher Magnesiumzufuhr zu Durchfällen kommen. Daher sollten sich gesunde Personen bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln an die vom BfR empfohlene Tageshöchstdosis von 250 mg halten und diese auf mindestens zwei Einnahmen verteilen. Als Arzneimittel zugelassene Magnesium-Produkte können im Bedarfsfall (z.B. bei extremem Mangel) höher dosiert werden.
Da überschüssiges Magnesium beim Gesunden über die Nieren ausgeschieden wird, besteht bei Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion oder Nierenversagen die Gefahr einer Überladung des Körpers mit dem Biofaktor.

Bei der Supplementierung auf die Bioverfügbarkeit achten

Zum Ausgleich eines Magnesiummangels sollten als möglichst als Arzneimittel zugelassene Präparate gewählt werden, die sich durch eine hohe Bioverfügbarkeit auszeichnen. Organische Verbindungen des Biofaktors wie Aspartat, Orotat oder Citrat sind aufgrund der besseren Bioverfügbarkeit für die orale Therapie zu bevorzugen.20,21

Literatur

  1. D.-H. Liebscher, D. E. Liebscher: Unter- und Fehlversorgung von Patienten mit Magnesiummangel. In: M. Anke u. a.: Mengen- und Spurenelemente. 23. Arbeitstagung Jena 2006. Schubert Verlag, 2006, S. 661–667
  2. www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/magnesium/
  3. Max Rubner-Institut (MRI): Nationale Verzehrsstudie II. Ergebnisbericht, Teil 2. Karlsruhe, 2008. www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Institute/EV/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf
  4. Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, März 2018, www.link.springer.com/article/10.1007/s00003-017-1140-y/fulltext.html
  5. Spätling L et al.: Magnesiumsupplementation in der Schwangerschaft. Empfehlungen der Gesellschaft für Magnesium-Forschung e. V.. Frauenarzt 2015; 56: 892-897
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  8. Supakatisant C et al.: Oral magnesium for relief in pregnancy-induced leg cramps: a randomised controlled trial. Maternal & Child Nutrition 2012 Apr; 11(2): 139-145
  9. Veronese N et al.: Dietary magnesium intake and fracture risk: data from a large prospective study. British Journal of Nutrition 2017 Jun; 117(11): 1570-1576
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  14. Keren A et al.: Torsades de pointes: prevention and therapy. Cardiovasc Drugs Ther 1991 Apr; 5(2): 509-513
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  18. Spätling L et al.: Diagnostik des Magnesiummangels. Aktuelle Empfehlungen der Gesellschaft für Magnesium-Forschung e. V.. Fortschritte der Medizin 2000; 118: 49-53
  19. Workinger JL et al.: Challenges in the diagnosis of magnesium status. Nutrients 2018; 10: 1202
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