Biofaktorenmangel bei Sportlern?

Mineralstoffe und Spurenelemente, Vitamine und Provitamine, Aminosäuren, Peptide und sekundäre Pflanzenstoffe, sie alle zählen zu den Biofaktoren – Substanzen, die der Körper für seine physiologischen Funktionen benötigt und die gesundheitsfördernde oder krankheitsvorbeugende biologische Aktivität besitzen. Auch für Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Sportlern ist eine optimale Biofaktorenversorgung unabdingbar. Abhängig von Sportart, Trainingsintensität, Alter, Geschlecht und Ernährungssituation des Sportlers kann sich das Risiko für einen Mangel lebenswichtiger Biofaktoren erhöhen.

Bei sportlich aktiven Menschen und bei Leistungssportlern müssen Mineralstoffverluste über den Schweiß ausgeglichen, ein erhöhter Biofaktorenbedarf durch gesteigerten Stoffwechsel kompensiert und eine optimale Regeneration nach sportlicher Leistung ermöglicht werden.

Sportler sollten mindestens die für Altersgruppe und Geschlecht die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene tägliche Menge eines Biofaktors einnehmen.1„Die Gefahr einer Unterversorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen besteht vor allem bei Sportlern mit einer unzureichenden Energiezufuhr, bei einseitiger Ernährung oder sehr hohen Nährstoffverlusten durch Schwitzen,“ heißt es in einem Positionspapier der Arbeitsgruppe Sporternährung der DGE.

Vitamin D3: Biofaktor für Knochenstoffwechsel, Muskulatur und Immunsystem

Der Biofaktor ist wichtig für Knochenstoffwechsel, Skelettmuskulatur, Nervensystem, Immunsystem und Entzündungsstoffwechsel. Deshalb benötigt der Körper ausreichende Mengen Vitamin D3, und aufgrund der Beteiligung des Vitamins an Knochenstoffwechsel und Skelettmuskulatur sind auch Sportler auf eine optimale Versorgung angewiesen.2 Über die Nahrung werden nur geringe Mengen Vitamin D3 aufgenommen, der mit 80 bis 90 % weitaus größte Anteil wird in der Haut unter dem Einfluss von UV-B-Strahlung gebildet.

Erhöhtes Risiko für Vitamin-D3-Mangel bei Indoor-Sport

Sportler mit ausreichender UV-Exposition während des Trainings zählen in der Regel nicht zur Risikogruppe für einen Vitamin-D3-Mangel,3 – im Gegensatz zu Sportlern aus Hallensportarten, Sportlern mit dunkler Hautfarbe oder ausgeprägten UV-Schutzmaßnahmen.

Während generell für die Bevölkerung ein Calcidiol- (=25(OH)D3)-Wert von oberhalb 50 nmol/l als wünschenswert gilt, gibt es für Sportler Empfehlungen für Serumspiegel zwischen 80 und 125 nmol/l, wobei ein wissenschaftlicher Konsens bisher aussteht. Ob Vitamin-D3-Supplemente die sportliche Leistungsfähigkeit verbessern, ist ebenfalls nicht hinreichend geklärt. Sporttreibende mit nachgewiesenem Vitamin-D3-Mangel können allerdings von einer Supplementierung mit dem Biofaktor profitieren.4

Warum Magnesium für Sportler wichtig ist

Wer Sport treibt, verbraucht in der Regel mehr Magnesium und hat abhängig von der Sportart einen erhöhten Bedarf. Sportliche Aktivität und Leistungssport führen zu einer erhöhten Magnesiumausscheidung über Schweiß und Urin, geleerte Magnesiumspeicher müssen nach körperlicher Belastung wieder aufgefüllt werden.

Magnesium für die Muskelfunktion

Magnesium ist mitverantwortlich für die Weiterleitung elektrischer Impulse von Nerven- auf Muskelzellen und Zellen des autonomen Nervensystems. Für eine gesunde Muskelfunktion agiert Magnesium als physiologischer Calcium-Antagonist und setzt die Kontraktion der glatten und quergestreiften Muskelzellen herab.5 Steht dem Körper genug Magnesium zur Verfügung, bremst es den Calciumeinstrom in die betroffenen Muskeln, setzt den Gefäßtonus herab und fördert so die Muskelrelaxation. Insbesondere die Skelettmuskulatur profitiert von der „entspannenden“ Magnesiumwirkung. Umgekehrt kann es durch Magnesiummangel zu Muskelverspannungen und Muskelkrämpfen kommen. Es sind nächtliche Wadenkrämpfe, Kribbeln in Händen und Füßen, Muskelschwäche und Zittern oder Lidzucken möglich. Studien belegen die Wirksamkeit einer Magnesiumsupplementation in der Behandlung von Wadenkrämpfen.6 Zudem ist der Biofaktor für die Regeneration der Muskeln nach der sportlichen Belastung wichtig. 

Magnesium für Energiestoffwechsel und Proteinsynthese

Der Biofaktor aktiviert zahlreiche Enzyme des Energiestoffwechsels und agiert als Cofaktor bei der intrazellulären Energiegewinnung. Die am Glukosestoffwechsel beteiligten Enzyme benötigen zur Aktivierung Magnesium. Ohne den Biofaktor kann Energie in Form von ATP nicht bereitgestellt werden. Magnesium wird auch zur Speicherung und Freisetzung von Hormonen benötigt und ist am Eiweißaufbau beteiligt. Zudem wird Magnesium benötigt, um das bei anaerobem Glukoseabbau anfallende Laktat zu eliminieren.7

Wie ist die Eisenversorgung des Sportlers?

Sportler benötigen höhere Eisenmengen, da einerseits vermehrte Eisenverluste durch Schwitzen ausgeglichen werden müssen, andererseits Eisen für Sauerstoffversorgung und optimale Funktion und Regeneration der Muskeln benötigt wird.

Der Sauerstofftransport im Organismus ist essentiell für die körperliche Leistung, und Eisen ist maßgeblich über die Bindung am Transportprotein Hämoglobin am Sauerstofftransport in Organe und Gewebe beteiligt. Bei einer Eisenunterversorgung sinkt die Hämoglobinmenge in den Erythrozyten ab, der Organismus wird mit weniger Sauerstoff versorgt, Müdigkeit, Konzentrations- und Leistungseinbußen folgen.8 Im Stadium einer Eisenmangelanämie kann sich der verminderte Sauerstofftransport bei Sportlern leistungsmindernd auswirken. Zudem gibt es Hinweise, dass auch bereits ein nichtanämischer Eisenmangel nachteilig mit der sportlichen Leistungsfähigkeit verknüpft ist. Der Biofaktor Eisen wird zudem bei der Umwandlung von Energieträgern wie Zucker in Bewegungsenergie benötigt. Nur bei ausreichender Eisenversorgung entsteht ATP als Energieträger für alle Energie liefernden Prozesse, während im Eisenmangel die energetische Leistungsfähigkeit sinkt. 

Myoglobin enthält ebenfalls Hämeisen und dient als Sauerstoffträger für die Sauerstoffversorgung der Muskulatur. Im Eisenmangel ist das Myoglobin stark reduziert, was sich negativ auf die sauerstoffabhängige Kontraktionsleistung des Muskels auswirkt.

Intensives Training kann das Blutvolumen um 10 bis 20 % erhöhen, so dass der Hämoglobingrenzwert von 14 g/dl für Männer und 12 g/dl für Frauen für einen Eisenmangel um etwa 10 % niedriger anzusetzen ist – bekannt auch als Sportanämie. Allerdings besteht bei Sportlern trotzdem ein erhöhtes Risiko, einen Eisenmangel zu entwickeln:

  • Die Häufigkeit eines Eisenmangels bei Sportlern ist weitgehend vergleichbar mit der der Allgemeinbevölkerung. Vegetarier und Veganer, Ausdauersportler und Sportler mit restriktiver Energieaufnahme sind nochmal stärker gefährdet.9
  • Sport kann zu vermehrter Vaskularisierung sowie Erhöhung von Hämatokrit- und Hämoglobinkonzentration führen und so den Eisenbedarf erhöhen.
  • Intensive sportliche Belastung und der Gebrauch nicht-steroidaler Antirheumatika, wie es bei Sportlern regelmäßig beobachtet wird,10 können zu Blutungen und Blutverlusten des Gastrointestinal- oder Harntraktes führen.11

Achtung: Aufgrund gesundheitlicher Risiken einer langfristig überhöhten Eisensupplementation sollte der Sportler keine Selbstmedikation vornehmen, sondern therapeutisch betreut und die Einstellung des Eisenstatus labordiagnostisch überwacht werden.12

Risiko Biofaktorenmangel: Darauf sollten Sportler achten

Grundsätzlich richtet sich die Biofaktorenversorgung von Freizeit- und Leistungssportlern nach der individuellen sportlichen Aktivität und Ernährungssituation, so dass es auch bei anderen als den hier genannten Biofaktoren zu einem Mangel kommen kann. Die GfB appelliert aufgrund der bekannten physiologischen Funktionen sowie wissenschaftlich fundierten Daten, auf die Versorgung mit Vitamin D3, Magnesium und Eisen zu achten und einen eventuellen Mangel auszugleichen.

 

Besteht der Verdacht, dass Sie oder Ihre Patienten unter einem Mangel an ausgewählten Biofaktoren leiden? Machen Sie den Biofaktoren-Check und finden Sie Ihr persönliches Risiko heraus.

Lesen Sie auch das Review:

J. Frank, K. Kisters, OA. Stirban, S. Lorkowski, M. Wallert, S. Egert, MC. Podszun, JA. Pettersen, S. Venturelli, HG. Classen, J. Golombek.:

The role of biofactors in the prevention and treatment of age-related diseases. Biofactors 2021, 47: 522-550, IF 6.113

iubmb.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/biof.1728

 

Literatur:


(1) Carlsohn A et al.: Mineralstoffe und Vitamine im Sport. Position der Arbeitsgruppe Sporternährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Ernährungs-Umschau international 2019; 12: 250-257

(2) Larson-Meyer DE et al.: Vitamin D and athletes. Curr Sports Med Rep 2010; 9: 220-226

(3) Carlsohn A et al.: Vitamin-D-Status von Athleten mit hoher UV-Exposition im Training. Ernährungs Umschau 2013; 60(10): 174-176

(4) www.bzfe.de/ernaehrung-im-fokus/ernaehrung-und-gesundheit/vitamin-d-ein-unterschaetzter-mikronaehrstoff/

(5) Classen HG et al.: Magnesium in human therapy. Metal Ions in biolocical systems (Vol. 41): Metal Ions and their complexes in medication. Hrsg: Sigel A, Sigel H. M. Dekker Inc., New York & Basel, 2004

(6) Roffe C et al.: Randomised cross-over placebo-controlled trial of magnesium citrate in the treatment of chronic persistent leg cramps. Med Sci Monit 2002; 8(5): CR326-330

(7) Bohl CH et al.: Magnesium and exercise. Crit Rev Food Sci Nutr 2002; 42(6): 533-563

(8) Biesalski HK: Vitamine und Minerale. Stuttgart: Thieme Verlag 2016, 119 ff

(9) Carlsohn A et al.: How much is too much? A case report of nutritional supplement use of a high-performance athlete. Br J Nutr 2011; 105: 1724-1728

(10) Tscholl PM: Der Einsatz von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) im Spitzensport. Dtsch Z Sportmed 2014; 65: 34-37

(11) Warden SJ: Prophylactic use of NSAIDs by athletes: a risk/benefit assessment. Phys Sportsmed 2010; 38: 132–138

(12)  Reddy MB et al.: Iron, oxidative stress and disease risk. Nutr Rev 2004 Mar; 62(3): 120-124