Welche Bedeutung hat Alpha-Liponsäure bei der distalen symmetrischen Polyneuropathie des Diabetikers?

Ein Drittel bis die Hälfte aller Diabetes-Patienten entwickelt eine distale symmetrische Polyneuropathie (DSPN) mit Missempfindungen an Beinen und Füßen, Ameisenlaufen, Brennen und Taubheitsgefühlen – 10 % davon mit verstärkter Schmerzwahrnehmung. Diese Erkrankung wirkt sich nicht nur negativ auf die Lebensqualität betroffener Patienten aus, sondern gilt als Risikofaktor für eine erhöhte kardiovaskuläre Erkrankungshäufigkeit und Mortalität.1

Die Ursachen für die Entwicklung einer DSPN sind meist Entzündungen und erhöhter oxidativer Stress. Bei einer diabetischen Stoffwechsellage ist nicht nur die Blutglukosekonzentration erhöht, sondern auch der Zuckergehalt in den Nervenzellen. Das stört den regulären Glukoseabbau, und es kommt zu erhöhtem oxidativen Stress durch den Anstieg reaktiver Sauerstoff-Radikale. Diese aktivieren Stoffwechselprozesse, die zur Entwicklung diabetischer Komplikationen beitragen. Außerdem kommt es zu Entzündungen und Gewebeschädigungen, die die Nerven beeinträchtigen. Auch die Blutgefäße sind von Oxidationsprozessen betroffen, wodurch die Blutversorgung in den Nerven herabgesetzt wird. Alle Prozesse können die motorischen und sensiblen Nerven zerstören.

Und hier setzt Alpha-Liponsäure (ALA) an: Aufgrund seiner Molekülstruktur ist das Vitaminoid ALA in hohem Maße antioxidativ wirksam und greift in die Pathogenese der oxidativ bedingten Nervenschädigungen ein.2

Der antioxidative Effekt tritt auf, wenn die reduzierend wirkende Kettenform Dihydro-Liponsäure zu einer ringförmigen Struktur oxidiert wird. Zwischen diesen beiden Zuständen besteht eines der stärksten Redoxpotentiale natürlicher Antioxidantien. ALA stellt die Blutspiegel des zellschützenden Glutathions wieder her, erhöht die antioxidative Kapazität in den Geweben, reduziert Entzündungsparameter im Blutplasma und wirkt in der Nervenzelle als Cofaktor für Enzyme, die wiederum einen geregelten Glukoseabbau bewirken. Aufgrund dieser Prozesse kann sich die Situation in den geschädigten Nerven bessern, indem der Blutfluss im Inneren der Nerven erhöht, die Nervenleitgeschwindigkeit verbessert und die sensorische Schmerzwahrnehmung positiv beeinflusst wird.3

Alpha-Liponsäure: Kombinationstherapie Injekt und oral

ALA gilt als bedeutsames aktives, natürliches Prinzip, dessen Wirksamkeit im Hinblick auf die Schmerzwahrnehmung bei diabetischer Neuropathie dokumentiert ist.4 Wie Studien zeigen, werden die Nervenfunktion und dadurch auch die Symptomatik der diabetischen Neuropathie verbessert. Daher wird eine Therapie mit Alpha-Liponsäure als Level-II-Empfehlung geführt.5 Bei ausgeprägten Missempfindungen wird eine Kombinationstherapie aus intravenöser und oraler Darreichung empfohlen: Initial eine tägliche Infusion mit 600 mg ALA über zwei bis vier Wochen und anschließend langfristig täglich 600 mg ALA oral.    

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Literatur:

[1] Ziegler et al.: Painful and painless neuropathies are distinct and largely undiagnosed entities in subjects participating in an educational initiative. Diabetes Research and Clinical Practise 2018; 139: 147-154

[2] Han T et al.: A systematic review and meta-analysis of α-lipoic acid in the treatment of diabetic peripheral neuropathy. Eur J Endocrinol 2012; 167(4): 465-471

[3] Agathos E et al.: Effect of alpha-lipoic acid on symptoms and quality life in patients with painful diabetic neuropathy. J Intern Med Research 2018; 46(5): 1779-1790

[4] Battisti E et al.: Alpha lipoic acid and superoxid dismutase in the treatment of chronic low back pain. Eur J Phys Rehabil Med 2013; 49: 1-6

[5] Khalil H et al.: Painful diabetic neuropathy management. Int J Evid Based Healthc 2013; 11: 77-79